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Der Neuland-Adventskalender

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Schlagwort: Dankbarkeit

Raum für Achtsamkeit schaffen

Es ist Samstagmorgen, 10:00 Uhr. Heute endet mein 8 wöchiger MBSR-Online-Kurs. Ich bin sehr dankbar und zugleich auch ein wenig traurig. Ich sitze auf meinem „MBSR-Platz“, der zu einem festen Anker für mich geworden ist. Alle wählen sich ein und es entsteht ein vertrautes Bild unserer Gruppe in einer besonderen Atmosphäre. Unser Kursleiter Dr. Sven Lohrey begrüßt uns und ohne viel zu reden, gehen wir gleich in die „Praxis“, was mir mittlerweile auch sehr vertraut ist. Wir beginnen mit einer Meditation in Bewegung, der achtsamen Yoga Meditation. Die Übungsabfolge darf jeder selbst so wählen wie es sich gut anfühlt, und dann schließen wir eine von Sven geführte Sitzmeditation an. Die Bildschirme sind ausgeblendet, der Ton stumm geschaltet, und ich beginne mit meinen Yoga-Übungen.

Noch vor ein paar Wochen hätte ich nicht gewusst, wie ich das alleine hinbekommen, und was ich dabei fühlen soll. Mittlerweile finde ich es wunderbar, meine Achtsamkeit auf die kleinen, feinen Bewegungen zu lenken und zu spüren, wie sich mein Körper gerade anfühlt, wie es ihm geht. 

Unsere anschließende Sitzmediation dient der Sammlung des Geistes und danach reflektieren wir die vergangenen 8 Wochen.

„Wir zählen zu den Pionieren, die einen MBSR-Kurs komplett online durchgeführt haben“, sagt Sven, der in der MBSR-Szene gut vernetzt ist.

Er geht mit uns gedanklich durch jede einzelne Woche, wiederholt die Inhalte und Aufgaben, und ich erinnere mich an die unterschiedlichen Themen, Übungen und Momente des virtuellen Austauschs mit den anderen Kursteilnehmenden. Wir haben über Achtsamkeit gesprochen, über unsere Wahrnehmung, über Reaktivität und Kreativität.

Für mich war das Thema „Die volle Bandbreite unserer Erfahrungen bewusst und achtsam erleben“ – als wir uns mit Stress, unserem Stresserleben und unseren Möglichkeiten im Umgang mit Stress beschäftigt haben, besonders wichtig. Wir haben über angenehme und unangenehme Gesprächssituationen gesprochen und sogar ein Tagebuch dazu geführt. Mein absolutes Highlight war der Tag des Schweigens.

Wir tauschen uns in kleinen virtuellen Gruppen darüber aus, was uns der Kurs gebracht hat und wie wir unsere Achtsamkeitspraxis weiterführen können.

Ich wollte schon lange einen MBSR-Kurs machen und habe vor Jahren in Heidelberg danach gesucht. Dadurch, dass ich als Beraterin, Trainerin und Coach arbeite, bin ich viel unterwegs bei Kunden und in Hotels. Ich schlafe viel zu selten in meinem eigenen Bett. Es wäre mir darum bisher kaum möglich gewesen, über Wochen einen MBSR-Kurs zu einer festen Zeit an einem festen Ort zu besuchen. 

Auch das hat das Coronavirus verändert.

Seit ein paar Wochen ist nichts mehr, wie es war. Ich arbeite im Homeoffice und bin so wenig unterwegs wie noch nie in meinem Erwachsenenleben. COVID-19 stellt uns alle, unser Unternehmen und mich, vor große Herausforderungen und wirft existentielle Fragen auf, aber es eröffnet auch neue Möglichkeiten. 

In dieser Krisenzeit waren der Online-MBSR-Kurs und die Erfahrung der 8 Wochen ein großes Geschenk. Die Kurstreffen am Mittwochabend waren ein fester Bestandteil meiner Woche und eine Möglichkeit, in diesen stürmischen Zeiten inneres Gleichgewicht und geistige Klarheit zu einem Teil des Alltags zu machen, Selbstfürsorge nicht als Egoismus zu verstehen, sondern als wichtige Voraussetzung, um für andere und unser Unternehmen da sein zu können.

Mit Achtsamkeit diese Ausnahmezeit zu erleben, hilft mir, die Zukunft für mich und unser Unternehmen in den Blick zu nehmen. Besonders hilfreich war auch, das eigene Kommunikationsverhalten zu reflektieren und über achtsame Kommunikation zu sprechen, über die Fähigkeit, ehrlich auszudrücken, was ich will, was ich denke und fühle. Als Führungskraft und im Kontakt mit unseren Kunden bewege ich mich ja ständig in Kommunikationssituationen.

Wie es jetzt weitergeht?

Das ist eine gute und zugleich sehr schwierige Frage. Die Kurstreffen und Wochenaufgaben haben mir und den anderen einen klaren Rahmen gegeben. Nun geht es darum, meine Achtsamkeitspraxis nach dem Kurs fortzusetzen. Aus vielen Seminarsituationen weiß ich, dass es trotz anfänglich großer Motivation nicht leicht ist, an einem neuen Thema dranzubleiben, daraus eine gute Gewohnheit, eine Haltung werden zu lassen. 

Drei Dinge können laut Wissenschaft helfen. 

1. Ich habe eine persönliche Vision. Ich spüre, dass mir die Übungen gut tun. Sie helfen mir, im Laufe des Tages, in Situationen immer wieder achtsam innezuhalten, wahrzunehmen, was ist und angemessener zu reagieren. Das ist ein großer persönlicher Nutzen, den ich sehe. 

2. Ich verabrede mich mit einzelnen Kursteilnehmenden, mit Gleichgesinnten, um weiterhin gemeinsam Achtsamkeit zu praktizieren, darüber zu sprechen und mich auszutauschen (das hat mir bei der Vorbereitung auf meinen Marathon sehr geholfen). 

3. Ich schaffe eine klare Struktur. Ich praktiziere an einem festen Ort – das könnte mein MBSR-Platz mit Blick ins Grüne sein – und zu einer festen Zeit am Tag, z.B. abends, an die ich mich halte. 

 Ich bin gespannt, wie mir das in den nächsten Wochen gelingt …

Sabine Merdes

Teilnehmerin MBSR-Kurs
Trainerin, Beraterin, Coach, Moderatorin
Geschäftsführende Gesellschafterin


Tag der Achtsamkeit – Schweigen

Die Schönheit der Stille

Es ist Sonntagmorgen, 11:00 Uhr. Unsere MBSR-Gruppe trifft sich zum Tag der Achtsamkeit. Nach der Hälfte des Online-Kurses verbringen wir einen Tag schweigend. Ich bin zugegebenermaßen etwas aufgeregt und gespannt, wie der Tag wird. So geht es den meisten Kursteilnehmenden.

„Die innere Haltung des Schweigens erstreckt sich über den verbalen Austausch auch auf den Umgang mit Medien, wie Fernsehen, Smartphone, Zeitung und Bücher etc.“

erläutert unser Kursleiter Dr. Sven Lohrey. Wow! That’s a lot! Das umfasst ja so gut wie alles.

Ich merke, wie ich innerlich mit mir verhandle. Vielleicht könnte ich in der achtsamen Mittagspause, den interessanten Fachartikel, der noch auf meinem Schreibtisch liegt, achtsam lesen oder meinen Mann zur achtsamen Gehmeditation mitnehmen …

Gerade in der Corona-Krise wird von uns Führungskräften noch mehr Kommunikation als im „normalen“ Führungsalltag gefordert. Wir sprechen mit Mitarbeitenden, Kunden, Lieferanten. Wichtig ist, gegenüber den Mitarbeitenden transparent zu machen, wo das Unternehmen steht, wie die aktuelle Auftragslage ist, wie wir die Zukunft einschätzen, usw..

Heute werde ich also nicht kommunizieren, sondern schweigen. Beim Frühstück kam mir noch eine vielversprechende Idee und eigentlich sollte ich eine E-Mail an die entsprechenden Kooperationspartner schicken, aber daraus wird zumindest heute nichts mehr. Ich merke, wie sich Unmut in mir breit macht und ich merke, wie mir das „Loslassen“ schwerfällt. Ich habe Sorge, dass ich die Idee vielleicht vergesse oder sie am Montagmorgen in der Hektik der beginnenden Woche verloren geht. Ich ärgere mich darüber, dass ich diese Initiative nicht weiter durchdenken kann.

In meine Gedanken schiebt sich Sven und stellt uns die Agenda des Tages vor. Einiges werden wir im virtuellen Raum zusammen machen, einiges alleine zu Hause. Ich habe den Ablauf zusätzlich ausgedruckt vor mir liegen und lese parallel mit:

„Selbstfürsorge ist ein zentraler Bestandteil von Achtsamkeitspraxis. Gleichzeitig kann es sein, dass Du Ausreden findest, warum Du gerade nicht praktizieren solltest oder kannst. Erinnere Dich in diesen Momenten daran, warum Du an diesem Kurs teilnimmst.“

Ich fühle mich ertappt. Ja, ich wollte unbedingt teilnehmen und daher gibt es nur eine Entscheidung: Ich lasse mich zu 100 % ein UND schweige. 

Nach der gemeinsamen Sitzmeditation gehen wir offline in die individuelle Achtsamkeitspraxis. Wir haben feste Zeiten, können die Reihenfolge der Meditationen aber frei wählen. Ich beginne mit der achtsamen Yogameditation, die ich auch in den Praxisphasen regelmäßig durchführe. Wenn ich gedanklich abschweife, was häufig passiert, kann ich mich mittlerweile gut zurückholen und im Moment ankommen. Die Sonne scheint auf meine Yogamatte. Ich spüre meinen Körper in den unterschiedlichen Bewegungen und merke zunehmend, wie gut mir die sanften Bewegungen tun. Sven ermuntert uns, die kleinsten Regungen wahr- und ernst zu nehmen. Das tue ich. In mir wird es still und das intensiviert sich beim Bodyscan. Die Ruhe im Außen überträgt sich offensichtlich ins Innen.

In der Mittagspause genieße ich einen Leberwickel, der zwar nicht auf dem Programm steht, aber ein deutlicher Impuls meines Körpers ist und mir sehr guttut.

Am Nachmittag nehmen wir uns Zeit für achtsames Gehen. Mittlerweile schweige ich 5 Stunden. Ich beobachte etwas irritiert, wie ich es genieße und wie fokussiert ich bin. 

In der Abschlussrunde, beim sogenannten Brechen des Schweigens habe ich mein Aha-Erlebnis für heute. Sven stellt uns die Frage, was uns heute gestärkt und genährt hat. Mein Körper, schießt es mir durch den Kopf. Er funktioniert, wie ich das immer beschreibe und zwar sehr gut! Aber heute war etwas anders. Heute habe ich ihn als echte Ressource erlebt. Die bewusste Fokussierung auf meinen Körper, die Entspannung durch achtsames Atmen und das konsequente Befolgen der Impulse meines Körpers haben zu einem absoluten Wohlgefühl und hoher Konzentrationsfähigkeit geführt.

Dafür ist in meinem Führungsalltag keine Zeit oder ich nehme sie mir nicht. Die Bedürfnisse meines Körpers kann ich meistens gar nicht genau benennen, da sie von den äußeren Geräuschen und Aktivitäten übertönt werden. Den großen Qualitätsunterschied nehme ich heute deutlich wahr und frage mich, wie ich das in meinem hektischen Arbeitsalltag kultivieren kann. Ich weiß noch nicht genau wie, aber ich spüre auf jeden Fall, dass es das wert wäre.

Wir besprechen auch, dass die eingesparte Energie für Kommunikation anders verwendet werden kann. Ich werde es ausprobieren, an welcher Stelle Schweigen zu mehr Qualität in Diskussionen und (virtuellen) Begegnungen führen kann. 

Meine Ideen von heute Morgen sind übrigens nicht verloren gegangen – die gehe ich morgen voller Elan und fokussiert an!

Sabine Merdes

Teilnehmerin MBSR-Kurs
Trainerin, Beraterin, Coach, Moderatorin
Geschäftsführende Gesellschafterin


Mit Vollgas in die Achtsamkeit

Es ist Mittwochabend, 18.00 Uhr, mein Online-MBSR-Kurs beginnt. Ich komme aus einem vollen Tag, habe viele Gespräche geführt, mit Kunden, mit dem Team, ich habe zugehört, ein virtuelles Meeting hat sich ans andere gereiht. Ich hatte kurzfristige Entscheidungen zu treffen und über strategische Schritte nachzudenken …

Ich wähle mich also ein und höre die Stimme unseres Kursleiters, Dr. Sven Lohrey:

„Vielleicht möchtet Ihr Euch zunächst bei Euch selbst bedanken, dass Ihr Euch jetzt die Zeit für Euch nehmt. Heute geht es darum, in liebevoller Achtung für sich selbst und den eigenen Körper zu sorgen.“

Wieso geht es um meinen Körper, frage ich mich. Welche Rolle spielt der denn? Ich bin nicht krank (und auch nicht infiziert – Gott sei Dank). Mein Körper funktioniert wunderbar, und jetzt, in der aktuellen Situation, ist doch Denken das Wichtigste, oder nicht? Nachdenken, Vordenken, neue Ideen spinnen, zukunftsrelevante Lösungen erarbeiten, reflektieren, was gerade in der Krise passiert, wie es weitergehen kann. Das ist es doch, scheint mir.

Achtsamkeits-Yoga online

Bevor ich diese Gedanken zu Ende denken kann, starten wir mit dem Achtsamkeits-Yoga, und ich liege auf der Matte und höre Svens Anweisungen für die einzelnen Übungen.

Ich hadere mit dem Bildschirm und mit meiner Unterlage und frage mich, ob das online wirklich klappen kann. Lieber würde ich jetzt, zusammen mit den anderen Teilnehmern, im Seminarraum liegen und unseren Kursleiter beim Vormachen beobachten. In der Online-Version des MBSR-Kurses sehe ich bloß lauter schwarze Bildschirme der anderen und höre Svens Stimme über meine Kopfhörer. Das Kabel ist leider so kurz, dass ich nicht genug Platz habe für meine Übungen, weil ich gleichzeitig den Bildschirm im Blick haben muss.

Das geht so nicht, denke ich genervt, und überhaupt, was soll das bringen? Sanfte Übungen? Normalerweise mache ich „richtig” Sport, wenn ich mich körperlich betätigen will.

Was bedeutet Achtsamkeit?

Plötzlich schießt mir ein Gedanke aus dem Kurs der letzten Woche durch den Kopf:

„Achtsamkeit bedeutet, die aktuelle Situation ohne Filter, ohne Interpretation wahrzunehmen. Es ist eine unmittelbare Übung in kompromissloser Offenheit und Präsenz.“

Baang … Ich nehme den Gedanken wahr und beginne, mit voller Aufmerksamkeit, Svens Anleitungen zu folgen.

„Beobachtet mal, was Ihr spürt“

höre ich Sven sagen.

„Vielleicht spürt Ihr das Blut in euren Armen, wenn Ihr sie langsam über den Kopf führt.“

Und da ist es: ein Gefühl für meine Arme. Es kribbelt und fühlt sich warm an. Jetzt spüre ich auch, wie verspannt mein oberer Rücken ist, wie steif mein Nacken. Ich spüre meinen Körper!

Die Gedanken weiterziehen lassen

Langsam werde ich ruhiger, kann mich ganz auf die Übungen einlassen. Sven bittet uns, darauf zu achten, wo unser Körper uns Grenzen zeigt oder wo wir zu viel Ehrgeiz entwickeln und uns besonders weit dehnen wollen … Das Wort „Ehrgeiz“ schwingt nach … Wo gehe ich immer wieder über meine Grenzen, wo ignoriere ich Zeichen meines Körpers, nehme sie gar nicht wahr, weil mein Geist meinen Körper „beherrscht“ und weil meine Disziplin so groß ist?

Ich lasse den Gedanken weiterziehen, wie eine Wolke, und konzentriere mich wieder auf die Übung. Ich spüre, wie weit ich mich dehnen kann und auch, welche Unterschiede es auf der rechten und linken Seite gibt.

Am Ende aller Übungen aus dem Achtsamkeits-Yoga sind 45 Minuten vergangen und ich muss gähnen. Ich lächle, weil ich mich das erste Mal an diesem Tag nicht müde, sondern entspannt fühle. Offensichtlich hat es meinem Körper gutgetan. Später erklärt uns Sven, dass sich durch Achtsamkeits-Yoga der ganze Mensch im wahrsten Sinne des Wortes regeneriert.

Im eigenen Körper zu Hause

Nach knapp einer Stunde sitze ich entspannt und konzentriert im Kurs:

Das Gefühl, „nur im Kopf“ zu sein, hat sich gewandelt und das Bild, „sich im eigenen Körper zu Hause fühlen“ klingt jetzt nicht nur nach einer schönen Theorie.

Es fühlt sich ganzheitlicher an. Gedanken, Gefühle und mein Körper sind „gleichberechtigt“ und stehen mir als Ressourcen zur Verfügung.

Jon Kabat-Zinn, der Begründer des MBSR, bezeichnet den Körper als ein „absolut wunderbares Instrument“. Ich stelle mir die Frage, wie ich in den nächsten Tagen achtsamer mit mir und meinem Körper umgehen kann, um möglicherweise andere Wahrnehmungen zu haben und dadurch neue Erfahrungen zu machen. Für diese aktuelle Krise brauchen wir neue Lösungen, ganzheitliche Veränderungen, die nicht nur aus unserem Kopf kommen …

Ich gehe voller Motivation in die neue Praxiswoche, in der täglich Bodyscan und Achtsamkeits-Yoga auf meiner Agenda stehen. Ich bin gespannt.

Sabine Merdes

Teilnehmerin MBSR-Kurs
Trainerin, Beraterin, Coach, Moderatorin
Geschäftsführende Gesellschafterin