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Schlagwort: Agiles Mindset

Agile Organisation – quo vadis? Folge III

Agile Mindset oder der lange Weg in die agile Unternehmenskultur 

Die Mindset-Thematik lässt sich aus der Agile-Entwicklung nicht ausklammern. Für die Personal- und Organisationsentwicklung erwachsen riesige Chancen, sind sich T. Heupel und Prof. Dr. A. Komus einig. Dafür müssen diese sich den Herausforderungen stellen und den Schulterschluss mit der IT als der Wiege der Agilität suchen, um der zunehmenden Komplexität und Transformation in der Unternehmenswelt zu begegnen

In der dreiteiligen Serie „Agile Organisation – quo vadis?“ beleuchten Prof. Dr. Ayelt Komus und Thomas Heupel im Gespräch mit Claudine Heinz die unterschiedlichen Facetten zur Entwicklung der agilen Organisation.

Agile verändert die Unternehmenskultur. Wer sitzt im Driver Seat?   

Heupel: Die Mindset-Thematik spielt eine enorme Rolle. Die Menschen ändern sich ja nicht von heute auf morgen. Es geht darum zu analysieren, nach welchen Mechanismen Unternehmen funktionieren. Hier muss die Organisations- und Personalentwicklung mit ihren Werkzeugen ansetzen. Auch Führung bekommt einen ganz neuen, sehr wichtigen Stellenwert, denn das Rollenspiel verschiebt sich sehr stark. Führung entwickelt sich im Umfeld von agilen Methoden. Sie löst sich von einem stark sachbezogenen hin zu einem Personen-orientierten Führen, in dem es darum geht, Potenziale zu identifizieren, Räume zu schaffen. Hieran muss stark mit den Führungskräften gearbeitet werden.  

Komus: Auch die Mitarbeitenden müssen ganz anders befähigt werden. Sie müssen wiederum selbst auch willens und in der Lage dazu sein. Denn die Führungskraft gibt jetzt eine übergeordnete Vision, eine Zielsetzung aus, die klar macht, warum wir das machen. Danach ist es die Aufgabe der Führungskraft Fragen zu besprechen und den Projektmitarbeitenden den Rücken freizuhalten.

Überall entsteht dadurch viel mehr Eigenverantwortung. Durch die Retrospektiven beim agilen Arbeiten wird schneller klar, wo die Defizite liegen. Unter dem Deckmantel des Wasserfalls, des klassischen Controlling etc. konnte man lange Zeit versuchen, die Kultur zu negieren. Das rächt sich auf lange Sicht immer. Agile ist in diesem Sinn Chance und Herausforderung zugleich. Denn Agile lebt eben davon, viel schnellere und auch viel fundiertere Feedback-Zyklen einzuziehen. 

Welche Rolle spielen IT und Organisations- und Personalentwicklung auf dem Weg zur Agile Organisation? 

Heupel: Wir diskutieren seit längerem intensiv, dass die aktuelle Situation eigentlich ein Eldorado für die Personalentwicklung sein müsste. Das komplette Portfolio der HR-Themen wird hier vor dem Hintergrund einer Entwicklung adressiert. Um aber damit konstruktiv umgehen zu können, sind Personalentwicklungen in vielen Organisationen zu wenig gut aufgestellt. Vielleicht liegt das auch daran, dass Personalentwicklung Vorgehens-klassisch orientiert ist: Man erhebt eine Diagnose der Organisation, entwickelt ein Ausbildungskonzept, führt die Maßnahmen durch. Dann macht man noch eine Erfolgsmessung und schließt das Thema damit ab. Der stärker iterative Ansatz, etwa Einheiten auch mal zu verkleinern, etwas schrittweise und nicht jahrelang geplant anzugehen, noch nicht genau zu wissen, welche Folgemaßnahmen im Jahr darauf daran angeknüpft werden, sondern überhaupt mal einen Lösungsraum zu haben, innerhalb dessen man sich bewegen will, dieses Denken ist noch nicht ausreichend etabliert. Auch die Instrumente der Agilität werden noch zu wenig in das Operative der Organisationsentwicklung integriert.  

Think Big – die Stunde von HR und Organisationsentwicklung

Komus: Die Frage ist, ob HR- und Organisationsentwicklung nicht einen stärkeren Anspruch erheben müsste im Sinne von «Think Big». Nach dem Motto: Das ist jetzt unsere Stunde, die Organisation ganz massiv zu verändern und neu zu prägen. Wir entwickeln sie ganz gezielt strategisch weiter, um einen wichtigen Beitrag zur Zukunftsfähigkeit zu leisten.     

Betrachtet man die Entwicklung der IT – die in den letzten Jahrzehnten vom Kellerkind aufgestiegen ist in die Vorstandsebene, wo CIOs plötzlich Themen der Zusammenarbeit im Unternehmen prägen, dann sieht man: Der IT ist ihre eigene Situation der Komplexität und permanenten Disruption auf die Füße gefallen. Die IT musste einfach springen, um nicht grundlegend zu scheitern. Wenn man so im Sturm steht, werden eben auch Helden geboren. Vielleicht standen die HR- und Organisationsentwicklungen nicht so sehr im Sturm, aber das ist nur eine Vermutung. 

Digitalisierung bedeutet nicht nur Technik

Heupel: Eine weitere Hypothese wäre:  Man hat gelernt, dass Digitalisierung nicht nur Technik bedeutet. Sondern sie bedeutet auch Umgehen mit Themen, mit Menschen, mit Teams. Das hat die IT in den letzten Jahren schmerzlich lernen müssen. Durch die Digitalisierung wird die technologische Voraussetzung geschaffen. Ihr Erfolg aber wird über Kommunikation sichergestellt. Das mag mit ein Grund sein, warum sich die IT auch ein wenig in die Domäne des HR hineinbewegt hat, in der ja der Mensch im Mittelpunkt steht. Es könnte vor diesem Hintergrund auch ein Argument von HR gewesen sein, sich ein wenig abzugrenzen. Denn HR-seitig versteht man Personalentwicklung insgesamt ein bisschen anders.  

Komus: In diesem Zusammenhang fällt mir ein DAX 30-Unternehmen ein, bei dem Objectives & Key Results – eigentlich eines der zentralen Themen aus der Organisations- und Personalentwicklung – bei der IT verortet ist. Das mögen Einzelfälle sein. Aber hieran wird deutlich, dass diese Rollenverschiebung stattfindet. Die IT sieht sich vor die Aufgabe gestellt, jetzt auch Personalentscheidungen mit in ihr Denken und Handeln einzubeziehen. Meines Erachtens eine große Chance für die Personal- und Organisationsentwicklungsbereiche, sich der Themen anzunehmen und die Dinge konstruktiv mit voranzutreiben – natürlich gerne auch mit den Bereichen, die die Themen bereits treiben.

Was bedeutet Agile hinsichtlich des Einbezugs unterschiedlicher Sichtweisen? 

Komus: Als Berater begleiten wir ganz aktiv, dass die Fachabteilungen stärker und vor allem früher einbezogen werden. Dafür müssen diese eine größere Reife an den Tag legen. Müssen raus aus ihrer Komfortzone, in der sie sich häufig eingerichtet haben. Werden Fachabteilungen auf einmal einbezogen, sitzen sie plötzlich im Driver Seat. Dann stellen sie fest, dass dies auch mit Einsatz, Arbeit und Verantwortung gepaart ist. Diese Art von cross-funktionaler Zusammenarbeit über das Organigramm funktioniert meist schon recht gut.

Manko: soziale, kulturelle, ethnische Diversität

Wo wir noch nicht so weit sind, ist eine Heterogenität im Sinne von sozialer, kultureller oder ethnischer Diversität. Denkt man etwa an Unternehmen, die zum Beispiel viel im asiatischen Markt tätig sind, in denen man aber in der Zentrale in Deutschland kaum einen Menschen mit asiatischem Hintergrund sieht. Angesichts der Notwendigkeit, die Sichtweisen zu vervielfachen und zu schärfen, erscheint mir dieser Aspekt derzeit noch weit untervertreten. 

Kultur ist das Wichtigste, aber in meinen Augen auch das Schwierigste, wenn es darum geht, ein Unternehmen zu entwickeln. Sicher ist die Kulturveränderung am herausforderndsten und am langwierigsten. Agile sollte man daher an einzelnen Leuchtturm- oder Pilotprojekten ausprobieren, um es zu erfahren und zu verstehen. Das gibt dann Impulse für den wirklichen Kulturwandel. Und dieser sollte natürlich auch begleitet werden durch gezielte Maßnahmen aus der Personal- und Führungskräfteentwicklung. 

Heupel: Wichtig erscheint mir auch zu differenzieren: Bei inhaltlichen Themen, beispielsweise wie man eine Supply Chain erneuert oder verbessert, hat man größtenteils erkannt, wie die unterschiedlichen Sichtweisen durch die Interdisziplinarität zum Erfolg beitragen. Soll aber eine Organisation insgesamt agiler, die Kultur weiterentwickelt werden oder ähnliches, gibt es häufig einen einzigen Haupttreiber: Meist ist es die IT, manchmal die Organisationsentwicklung oder auch die Geschäftsleitung. Genau dann sehen wir diese Interdisziplinarität und Vielfalt der Sichtweisen wieder eher selten. Stattdessen geht man eher klassisch vor. Anstatt sich agiler Methoden zu bedienen und ein interdisziplinäres Team mit allen relevanten Stakeholdern zu bilden, tickt man beim Setup dieser Themen im Großen und Ganzen noch sehr konservativ.  

Viele Unternehmen verfolgen mittlerweile einen konstruktiv nüchternen Ansatz. Sie erwarten keine Wunderlösung mit Agilität. Sie wissen, dass agile Methoden nicht überall gleich wirken. Punktuell ziehen sie bei stark standardisierten Prozessen durchaus klassische Methoden vor. Sie arbeiten also sehr differenziert oder wie man häufig sagt hybrid damit. Insbesondere verstehen Unternehmen heute, dass sie Win-win-Situationen schaffen. Indem sie Ziele auf der inhaltlichen Ebene und gleichzeitig übergeordnete Entwicklungsziele der Organisation und ihrer Mitarbeitenden verfolgen können.

–> Folge I & II verpasst?
Hier geht’s zum Auftakt unserer dreiteiligen Serie Agile Organisation – quo vadis?

Folge I End-of-Hype-Cycle oder der hybride Weg zum Plateau der Produktivität.

Folge II Agile – ein Marathon

–> Wir sind Ihr Partner in Ihrem Entwicklungsprozess. Wie wir gemeinsam arbeiten erfahren Sie hier >>

Prof. Dr. Ayelt Komus ist Wirtschaftswissenschaftler und seit 2004 Professor für Organisation und Wirtschaftsinformatik an der Hochschule Koblenz. Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich Agile Methoden, Projekt- und Prozessmanagement und Social Media. Prof. Dr. Komus ist Initiator verschiedener Studien in Zusammenarbeit mit Organisationen wie der Gesellschaft für Prozessmanagement, der Deutschen Gesellschaft für Projektmanagement (GPM) und Scrum.org. Er führte 2019/2020 zum vierten Mal die Studie Status Quo Agile durch. Sie ist mit mehr als 600 Teilnehmern die größte Studie zum Thema Agiles Projektmanagement im europäischen Raum. Prof. Dr. Komus ist wissenschaftlicher Beirat bei  Heupel Consultants. 

Thomas Heupel ist Geschäftsführer von Heupel Consultants. Er verfügt über mehr als 25 Jahre Beratungsexpertise in den Kompetenzfeldern Process-Excellence, IT-Excellence, Project-Excellence und Agile Excellence. Heupel hat einen Lehrauftrag u.a. für Organizational Change Management an der Hochschule Koblenz

Claudine Heinz ist freischaffende Kommunikationsberaterin und war über 20 Jahre in der Unternehmenskommunikation, u.a. bei Swisscom in Bern und CSL Behring in Marburg, tätig. Ihre Schwerpunkte sind Internal & HR Communications, Change Management, Employer Branding und Design Thinking.

Agilität: Was agile Rollen für Unternehmen tun können III: der Agile Leader

Beim letzten Mal haben wir Ihnen die Rolle des Agile Coach vorgestellt. Dieser unterstützt Teams, Führungskräfte und Organisationen darin, eine agile Arbeitskultur zu entwickeln. Heute kommen wir zur Rolle des Agile Leader. Eine Hauptaufgabe des Agile Leader ist es, ein Umfeld zur Verfügung zu stellen, in dem Teams agil und eigenverantwortlich handeln können. Michèle Neuland, Expertin für agile Transformationsprozesse, berichtet wieder. 


Michèle Neuland
Organisationsentwicklung und Beratung
Assoziierte Beraterin, Trainerin, Moderatorin, Coach

  • erfahrene systemische Organisationsentwickler- und Trainerin seit über 30 Jahren
  • über 30 Jahre Führungserfahrung als Geschäftsführerin und CEO
  • 20 Jahre Erfahrung in agilen Arbeitsweisen und der Begleitung agiler Teams
  • Dozentin für „Neue Organisationsmodelle und New Work“, „Moderation und Facilitation“ sowie „eHR“
  • Einführung und Begleitung zahlreicher Unternehmen bei agilen Frameworks

Frau Neuland, was bedeutet Agile Leadership, also agile Führung?

Agile Leadership bedeutet, die gemeinsame Unternehmenswelt in Richtung größerer Agilität zu verändern und dabei von agilen Denk- und Arbeitsweisen Gebrauch zu machen. Ein Agile Leader kann disziplinarische Verantwortung haben, muss sie aber nicht besitzen. Jeder kann eine agile Führung übernehmen. Diese wird in Form unterschiedlicher Rollen übertragen. 

Um effektiv agil zu führen, muss 

  • ein Agile Leader sowohl systemgestaltende Fragen klären (Framework, Struktur, Artefakte, Produkte und Dienstleistungen)
  • als auch Interaktionsmuster und Beziehungen zwischen Individuen, Teams und Kunden stärken (Vertrauen, Verantwortung, Kultur). 

Zudem ist eine klare Visionoder ein klarer Nordstern notwendig, um Richtung, Orientierung und Motivation zu erhalten.  

Dazu haben wir auch eine Abbildung.

Wofür ist ein agiles Framework gut? Was ist damit gemeint? 

Ein Framework agiler Führung dient als Orientierung. Es hilft Führungskräften, eine Struktur und eine Kultur zu schaffen, in der Teams die Verantwortung für die Auswirkungen auf den Kunden übernehmen.  

Organisationen, die ein solches Framework verwenden, 

  • haben eine gesunde Kultur, in der sie experimentieren können und schnell lernen, 
  • arbeiten intelligenter, indem sie zum Beispiel mit digitalen Lösungen die Kundenwirkung steigern, 
  • bauen eine starke emotionale Bindung zu ihren Kunden auf, 
  • schaffen eine Umgebung, in der Mitarbeiter und Kunden zusammenarbeiten, 
  • und sind in der Lage, schnell auf Marktveränderungen zu reagieren und ihre eigenen Disruptionen zu erzeugen, also bestehende Muster, Gewohnheiten und Verhältnisse zu unterbrechen. 

Was muss ein Agile Leader dafür können? 

Die Essenz agiler Führung besteht für Peter Koning, Experte für agile Führung, darin, das richtige Umfeld für sich selbst verwaltende Teams zu schaffen. Dazu gehören mindestens die vier folgenden Komponenten und die dazu passenden Rollen, die ein Agile Leader einnehmen können muss: 

  • Mit-Erschaffen und Innovieren (Co-Creator): Eine agile Führungskraft schreibt nicht vor, was die Teams tun müssen, sondern stellt sicher, dass die Ziele gemeinsam entwickelt werden. Wenn auch die Teams ihre Freude an Innovation und Gestaltung haben, bringt das Fortschritt und Entwicklung. 
  • Erleichtern und ermöglichen (Facilitate Ownership, Facilitator): Teams können nicht gezwungen werden, die sogenannte Ownership zu übernehmen. Führungskräfte können nur die Umstände schaffen, unter denen sie dieses tun. Eigenverantwortung ist ein mentaler Zustand von Teams, in dem sie proaktiv, stolz, initiativ und engagiert sind. Dann warten sie nicht auf Anfragen, sondern ergreifen die Initiative, um qualitativ hochwertige Produkte und Dienstleistungen zu liefern. Eine agile Führungskraft schafft ein dafür günstiges Umfeld und begleitet sie dabei. 
  • Schneller lernen (Experimentator): Sich selbst verwaltende Teams müssen schnelles Feedback zu ihren Aktionen und Entscheidungen erhalten. Eine agile Führungskraft verbessert die Umwelt, damit die Teams kleine Experimente durchführen und Feedback, vorzugsweise von Teammitgliedern und Kunden, erhalten können, immer mit dem Ziel, schneller zu lernen. 
  • Die Kultur designen (Culture leader): Eine Hauptverantwortung des Agile Leaders ist es, eine passende Kultur zu entwickeln, da Agilität mehr mit Verhalten und Werten zu tun hat als mit Methoden und Strukturen. Er/sie muss sich die Kultur vorstellen können, gestalten und verbessern. Die Kultur zu „führen“ ist inspirierend, aber auch harte Arbeit.  

Muss man weitere Voraussetzungen mitbringen? 

Die wichtigsten Voraussetzungen sind die Bereitschaft zu Selbstreflektion und die Neugierde, Neues auszuprobieren und zu lernen. Der Rest ist ein Entwicklungsprozess, bei dem man Unterstützung erhält – durch das Team, Kollegen, Kunden und einen guten Agile Coach. 

Gibt es die Möglichkeit herauszufinden, ob man sich selbst beziehungsweise ob sich ein Mitarbeiter zum Agile Leader eignet? 

Diese Frage ist schwer zu beantworten, da es darauf ankommt, wie man agile Führung jeweils definiert. Es gibt eine große Bandbreite an agiler Führung. Es ist auf jeden Fall hilfreich, wenn man ein entsprechendes agiles Mindset mitbringt.  

Wenn man sich als agile Führungskraft weiterentwickeln will, kann man darüber hinaus Folgendes tun: 

  • Sehen Sie sich das folgende Radarbild der Arbeitsgemeinschaft von Agilisten aus 30 Großorganisationen der DACH-Region an.  
  • Fangen Sie mit dem inneren Ring an und reflektieren Sie, ob Sie das jeweilige Zielverhalten kennen, erlernt haben, ausprobiert haben oder geübt haben. Arbeiten Sie sich auf diese Weise durch alle anschließenden Ringe. 
  • Nehmen Sie sich zuletzt maximal 4 – 5 Bereiche heraus und erarbeiten Sie einzelne Maßnahmen der Verbesserung. 

Ich wünsche Ihnen viel Spaß bei der Übung! 

Von „DACH30 Arbeitsgruppe Mindeststandards für Unternehmensagilität“​

Im nächsten Blog-Beitrag unserer kleinen Reihe über agile Rollen erfahren Sie mehr über die Rolle des OKR-Coachs.


Agilität: Was agile Rollen für Unternehmen tun können II: der Agile Coach

Im letzten Blog-Artikel haben wir Ihnen von agilen Rollen erzählt, die einem Unternehmen helfen, sich zu einer anpassungsfähigen Organisation zu wandeln, die Herausforderungen und Krisen wie die jetzige Corona-Zeit besser besteht. Heute stellt Michele Neuland, Expertin für agile Transformationsprozesse, eine dieser Rollen, den Agile Coach, näher vor.


Michèle Neuland
Organisationsentwicklung und Beratung
Assoziierte Beraterin, Trainerin, Moderatorin, Coach

  • erfahrene systemische Organisationsentwickler- und Trainerin seit über 30 Jahren
  • über 30 Jahre Führungserfahrung als Geschäftsführerin und CEO
  • 20 Jahre Erfahrung in agilen Arbeitsweisen und der Begleitung agiler Teams
  • Dozentin für „Neue Organisationsmodelle und New Work“, „Moderation und Facilitation“ sowie „eHR“
  • Einführung und Begleitung zahlreicher Unternehmen bei agilen Frameworks

Frau Neuland, was ist ein Agile Coach und was kann er für ein Unternehmen tun?

Der Agile Coach unterstützt Teams, Führungskräfte und Organisationen darin, eine agile Arbeitskultur zu entwickeln. Er stößt agile Veränderungsprozesse an und begleitet sie. Ein Agile Coach hilft einer Organisation, anpassungsfähig, innovativ und selbstlernend zu werden. Durch die Zusammenarbeit mit einem Agile Coach ändert sich die Kultur einer Organisation. Die Werte, Glaubenssätze, Fähigkeiten und das Wissen der einzelnen Personen und der Organisation als Ganzes wandeln sich Stück für Stück hin zu mehr Agilität.

Wie kann man sich das vorstellen? Was macht ein Agile Coach?

Ein Agile Coach kann zum Beispiel als erfahrener Experte seinen Coachees von seinen Erfahrungen berichten und ihnen zeigen, was zu tun ist. Er kann als Trainer Wissen vermitteln oder als Moderator begleitend zur Seite stehen. Natürlich kann er seine Coachees auch als Coach in ihrer Entwicklung fördern und unterstützen. Als Business Craftsman erarbeitet er zusammen mit den Coachees Geschäftsstrategien und Visionen. Als Organisationsentwickler hat er schließlich die gesamte Organisation und deren Entwicklung im Blick. Diese Virtuosität macht einen erfahrenen Agile Coach zu einem Organisationsentwickler auf Top-Niveau.

Haben Sie dafür ein, zwei Beispiele?

Die Arbeit eines Agile Coachs kann sehr vielfältig sein und orientiert sich an dem japanischen Aikido-Lernmodell SHU-HA-RI.

Von „DACH30 Arbeitsgruppe Mindeststandards für Unternehmensagilität“

Ein Agile Coach kann beispielsweise ein Team bei seinen allerersten Schritten in Richtung Agilität unterstützen, immer mit dem Ziel, es zu einem agilen, hochperformanten Team zu entwickeln. In dieser Entwicklungsstufe würde er  unter anderem als Trainer arbeiten, um die agilen Prinzipien und Frameworks zu vermitteln. Er würde die Team-Mitglieder als Experte an seinen Erfahrungen teilhaben lassen und als Moderator die ersten Schritte hin zu mehr Selbstorganisation fördern. Dies würde der 1. Stufe des Lernmodells, der Stufe SHU, entsprechen und hat zum Ziel „doing agile“.

Aber selbst erfahrene agile Organisationen können von der Förderung durch einen agilen Coach profitieren. So kann sich zum Beispiel ein agiles Start-Up-Unternehmen fragen, wie es am besten wachsen kann und welche Form von Führung es entwickeln will. Eine agile Kultur braucht immer wieder eine Anpassung und Weiterentwicklung von agilen Verhaltensweisen, Frameworks und Produkten beziehungsweise Dienstleistungen. Dies wird durch die 3. Stufe, die Stufe RI, beschrieben, das „being agile“. In diesem Fall würde der agile Coach primär als Organisationentwickler und Business Craftsman arbeiten.

Was muss ein Agile Coach dafür können?

Er muss erkennen können, in welchem Entwicklungsstadium ein agiles Team oder eine agile Organisation ist und was dieses beziehungsweise diese jeweils braucht. Und er muss eine dazu passende Rolle und Haltung einnehmen können. 

Einmal wird er eine Entwicklung vielleicht nur beobachten, an anderes Mal Ergebnisse aktiv vorgeben. Einmal wird er, wie beschrieben, vielleicht beratend zur Seite stehen und ein anderes Mal bewusst fördern. 

Die folgende Abbildung fasst Rollen und Haltungen eines Agile Coachs gut zusammen.

Basierend auf dem Agile Competency Framework des Agile Coaching Institute

Muss man weitere Voraussetzungen mitbringen?

Idealerweise hat man bereits erste eigene Erfahrungen mit agilem Arbeiten gemacht – ob als Mitglied eines agilen Teams oder in einer anderen Rolle, zum Beispiel bei SCRUM.

Ähnlich wie bei anderen Coaching-Ausbildungen braucht es ein gutes Maß an Selbstreflektion. Man sollte sich selbst einige Fragen stellen wie zum Beispiel:

  • Aus welchen Gründen möchte ich Agile Coach werden?
  • Woran werde ich erkennen, dass dies eine gute Entscheidung war?
  • Welche Denkmodelle habe ich und welchen Werten folge ich, wenn ich mich entscheide, ein Agile Coach zu werden?

Je klarer man sich über die eigene Motivation und die dahinterliegenden Beweggründe ist, desto authentischer ist man in der eigenen Haltung.

Wie wird man ein Agile Coach? Sie bieten Ausbildungen an. Gibt es weitere Möglichkeiten wie etwa ein Coaching oder ein Learning on the Job?

Viele Wege führen nach Rom. Einige haben bereits Ausbildungen zum SCRUM-Master gemacht und als solcher gearbeitet. Wenn das der Fall ist, erweitert man noch das Spektrum und ergänzt es um Aspekte aus der Organisationsentwicklung. Andere haben bereits vielfältige Erfahrungen als Trainer und systemischer Coach und wollen sich in Richtung Agilität fortbilden. Wieder andere haben intensive Erfahrungen im agilen Arbeiten, aber noch keine Erfahrung in der Entwicklungsarbeit mit Menschen und Teams. Immer muss man individuell schauen, welchen Fortbildungsansatz man wählt. Agile Ausbildungen haben genau dies als Grundidee. Sie kombinieren verschiedene Lernwege – von kollaborativem Lernen über Coaching bis hin zu Learning on the Job.

Können Sie dafür noch ein hilfreiches Tool an die Hand geben?

Die DACH30, das ist ein Zusammenschluss von agilen Verantwortlichen aus 30 Großunternehmen der DACH-Region, hat ein Analysetool zur persönlichen Entwicklung als agiler Coach konzipiert. Mit diesem Radarbild können Sie selbst überprüfen, wo Sie noch Entwicklungsfelder haben, und so die nächsten Schritte definieren. Ganz nach dem Motto: Eigenverantwortung für die eigene Entwicklung übernehmen!

Von „DACH30 Arbeitsgruppe Mindeststandards für Unternehmensagilität“

Im nächsten Blog-Beitrag unserer kleinen Reihe über agile Rollen erfahren Sie mehr über die Rolle des OKR-Coachs.


Agilität: Was agile Rollen für Unternehmen tun können

Agiles Arbeiten versetzt Unternehmen in die Lage, Herausforderungen und Krisen besser zu bestehen. Aber agiles Arbeiten entwickelt sich nicht von selbst. In diesem und in den folgenden drei Blog-Artikeln zeigt Michèle Neuland, Expertin für agile Transformationsprozesse, was agile Rollen für Unternehmen in ihrem Veränderungsprozess hin zu mehr Agilität tun können.


Michèle Neuland
Organisationsentwicklung und Beratung
Assoziierte Beraterin, Trainerin, Moderatorin, Coach

  • erfahrene systemische Organisationsentwickler- und Trainerin seit über 30 Jahren
  • über 30 Jahre Führungserfahrung als Geschäftsführerin und CEO
  • 20 Jahre Erfahrung in agilen Arbeitsweisen und der Begleitung agiler Teams
  • Dozentin für „Neue Organisationsmodelle und New Work“, „Moderation und Facilitation“ sowie „eHR“
  • Einführung und Begleitung zahlreicher Unternehmen bei agilen Frameworks

Frau Neuland, Sie sind bei Neuland Development & Training für die agilen Ausbildungen mitverantwortlich. Warum gewinnt agiles Arbeiten seit Corona immer mehr an Bedeutung?

Die Welt musste durch Corona agiler werden; Unternehmen haben gesehen, wie anfällig sie oft waren. Unternehmen haben aber auch erkannt, dass sie durch eine agile Philosophie, ein agiles Mindset und agile Methoden viel besser auf Herausforderungen reagieren können. Sie erleben, wozu sie in Corona-Zeiten in der Lage sind und was sie bewegen können.

Wie sieht denn so ein agiles Arbeiten aus?

Typisch für agiles Arbeiten sind zum Beispiel:

  • angepasste Geschäftsstrategien und eine Zentrierung auf Kundenwünsche,
  • interdisziplinäre, weltweit verteilte und doch digital vernetzte Mitarbeiter,
  • (teil-)autonome, sich selbst organisierende Unternehmenseinheiten,
  • weniger bürokratische und soziale Hürden
  • sowie ergebnisorientierte digitale Arbeitsmodelle.

Es heißt, dass es keine Rückkehr zur alten Normalität geben kann. Selbst traditionelle Unternehmen waren ja gezwungen, ihren Mitarbeitern innerhalb kürzester Zeit mobiles und agiles Arbeiten zu ermöglichen. Agile Arbeitsmethoden werden zum „new normal“.

Was können Unternehmen tun, um agiler zu arbeiten?

Sich zu solchen autonomen, sich selbst steuernden Einheiten zu entwickeln, passiert nicht von allein. Das ist ein Transformations-, also ein Veränderungsprozess, der begleitet werden muss. Und diese Veränderungs- und Begleitungsaufgabe wird von diversen Rollen ausgeübt, von der Team Facilitation bis zur Agilen Führung.
 
Bei Neuland Development & Training schulen wir dafür zwei Rollen aus dem Rollenkonzept des Team Facilitator, den Agile Coach und den OKR-Coach, sowie eine Rolle aus der Agilen Führung, den Agile Leader.

Können Sie uns etwas zu diesen Rollen sagen? Warum sind sie wichtig?

Der Agile Coach unterstützt Teams, Organisationen und Führungskräfte darin, eine agile Arbeitskultur zu entwickeln. Er stößt agile Veränderungsprozesse an und begleitet sie. Ein Agile Coach hilft einer Organisation, anpassungsfähig, innovativ und selbstlernend zu werden.
 
Dafür muss ein Agile Coach erkennen können, in welchem Entwicklungsstadium ein agiles Team beziehungsweise eine agile Organisation ist. Und er muss eine dazu jeweils passende Rolle und Haltung einnehmen können, die vom Experten und Wissen vermittelnden Trainer über den begleitenden Coach und Moderator bis zum Visionen und Strategien entwickelnden Business Craftsman und Organisationsentwickler reicht. 
 
Der OKR-Coach unterstützt Teams und das Management dabei, das agile Führungswerkzeug OKR anzuwenden. OKR leitet sich vom englischen Objectives and Key Results ab, ein Zielsystem, das von John Doerr bei Google eingeführt wurde und dort bis heute sehr erfolgreich angewandt wird. OKR ist ein Führungswerkzeug, das agiles Arbeiten fördert, ohne die bestehenden Strukturen verändern zu müssen. Daher eignet es sich hervorragend für den Einstieg in agiles Arbeiten. 
 
Ähnlich dem Agile Coach nimmt auch der OKR-Coach unterschiedliche Rollen ein, vom Experten, Trainer, Moderator und Coach bis zum Change Agent und Prozesswächter.
 
Die Hauptaufgabe eines Agile Leader besteht darin, das richtige Umfeld für eine agile beziehungsweise hybride, also teil-agile Organisation zu schaffen. Dabei kann ein Agile Leader disziplinarische Verantwortung haben, er muss sie aber nicht besitzen. Jeder kann agile Führung in Form von unterschiedlichen Rollen übernehmen.
 
Dazu sollte laut Peter Koning, Experte für agile Führung, ein Agile Leader zum Beispiel ein Erschaffer (Co-Creator) und ein Ermöglicher (Facilitator), ein Experimentator und ein „Kulturdesigner“ (Culture leader) sein.


In den folgenden Wochen wollen wir uns etwas näher mit diesen Rollen beschäftigen. Wenn ein Unternehmen sich für sie interessiert: Kann man sagen, mit welcher Rolle es anfangen sollte, wenn es etwas für seine Agilität tun will?

Im nächsten Blog-Artikel erfahren Sie mehr über die Rolle des Agile Coach.


Minecraft – Donuts produzieren, um Kanban zu verstehen

Kanban ist eine Methode aus dem agilen Projektmanagement, die Unternehmen unterstützt, Engpässe im eigenen Arbeitsablauf zu erkennen und den Durchfluss von Aufgaben im System kontinuierlich zu optimieren.
Wie das auch virtuell anschaulich und erlebbar wird, zeigte uns Yvonne Ietia, Trainerin bei unserem Kooperationspartner Heupel Consultants, in einem vierstündigen Minecraft-Workshop.


„Ihr dürft Kanban erleben, bevor ich euch erkläre, warum es funktioniert hat.”

Yvonne Ietia, Heupel Consultants

Mit dieser selbstsicheren Aussage leitet Yvonne die professionelle Schulung mit spielerischem Konzept ein: agiles Projektmanagement in Minecraft.

Mithilfe des Games sollen wir die Grundprinzipien und Praktiken von Kanban verstehen und sogar selbst erleben.

Bevor es losgehen kann, gibt es einen kurzen Technik-Check und zwanzig Minuten Zeit, um uns mit der Steuerung in Minecraft vertraut zu machen. Unter Yvonnes Video-Anleitung bauen wir ein Häuschen.

Minecraft Test

Donut-Produktion auf Zeit

Dann geht es los: Zu acht sitzen wir vor unseren Bildschirmen im Home-Office – jeder gewappnet mit seinem Handy – und treffen uns mit Yvonne in Zoom. Sie teilt uns in zwei 4er-Teams auf und leitet uns an, ihr in Minecraft in die Welt der Donut-Produktion zu folgen:

Es gibt zwei Runden, in denen wir im Team so schnell wie möglich Donuts glasieren sollen. Wir haben jeweils nur drei Minuten Zeit und sollen mehr auf Quantität als auf Qualität achten.

Mit einem Link zu Miro können wir parallel am PC auf ein vorbereitetes Kanban-Board zugreifen, um die jeweilige Aufgabe im Team weiterzugeben.

Ablauf und Regeln

Wir bekommen verschiedene Teile des Donuts zugewiesen, die wir glasieren sollen – ich muss nur zwei, andere im Team sechs Steine mit pinkfarbener Glasur überziehen.

Die anderen Teammitglieder dürfen erst mit ihren Aufgaben weitermachen, wenn der/die Vorgänger*in fertig ist. Außerdem darf nur eine Person gleichzeitig an einem Donut arbeiten.

Während wir in Runde 1 unsere erledigten Donut-Karten auf dem Kanban-Board sofort weiterschieben dürfen, müssen wir in Runde 2 warten, bis das Feld des nächsten Teammitglieds wieder leer und abgearbeitet ist. Erst dann dürfen wir unsere Karte ins „To Do“-Feld schieben.

In Runde 1 wuseln wir umher und produzieren Donuts. Jeder rotiert und erledigt so viele Donut-Glasuren wie möglich. Durch die unterschiedliche Verteilung der zu glasierenden Steine im Team bilden sich allerdings Bottlenecks: Engpässe, die darüber entscheiden, wie viele Donuts tatsächlich fertiggestellt werden.

Ich habe meine beiden Steine zwar schnell gesetzt und schicke damit viele Aufgaben ins System – der Durchfluss erhöht sich dadurch aber nicht, weil es an anderer Stelle der Produktion stockt.

In Runde 2 kommt es uns vor, als seien wir weniger produktiv, weil jeder immer wieder innehalten und auf die nächste Karte warten muss. In den Wartezeiten beginne ich mit meinem Männchen weiter nach oben zu fliegen, mir einen Überblick zu verschaffen und den Fortschritt im Prozess zu beobachten.

Durch diese Entschleunigung entsteht ein gleichmäßiger Flow und ich bemerke, dass ich zwischendurch Zeiten mit Leerlauf habe, in denen ich andere Aufgaben übernehmen und mein Team unterstützen könnte.


Auswertung

Gemeinsam mit Yvonne rechnen wir die Zeiten und die fertiggestellten Donuts durch und kommen zu der Erkenntnis: Die Durchflussgeschwindigkeit – also die Zeit, die ein Donut braucht, um den gesamten Prozess zu durchlaufen – ist in beiden Runden fast identisch.

Unterschiedlich ist hingegen die Arbeitsweise: Ständiges Rotieren in höchstmöglicher Geschwindigkeit in Runde 1 – ohne die Auswirkungen der eigenen Arbeit am Endergebnis (in diesem Fall der Donut-Anzahl) direkt sehen zu können – im Gegensatz zu gleichmäßigem Erledigen der eigenen Aufgabe und mehr Zeit für Reflexion und sauberes Weitergeben der To Do’s in Runde 2.

Außerdem: Wenn die Donut-Produktion nun plötzlich aufgrund äußerer Faktoren umgestellt werden müsste – sagen wir auf Lebkuchen – und schon Unmengen von Materialien im System wären, könnte das in Runde 1 die Schließung der Produktion bedeuten.


Fazit

Am Ende der vier Stunden rattert es in meinem Kopf und ich nehme diese drei Kanban-Prinzipien für mich mit, um sie in meinen täglichen Workflow zu integrieren:

  1. Visualisiere den Arbeitsfluss

Nur wenn ich sichtbar abbilde, welche Aufgaben es im System gibt, wer in welcher Reihenfolge daran arbeitet, und vor allem – wo der Prozess immer wieder ins Stocken gerät – kann ich den Prozess auch verbessern.

  1. Vermeide Multitasking

Machen wir uns nichts vor: Mehrere Aufgaben gleichzeitig zu beginnen, weil alle besonders wichtig erscheinen, mag zwar den Anschein haben, als sei es effizient, ist aber eigentlich genau das Gegenteil! Daher lieber: eine Aufgabe nach der anderen konzentriert bearbeiten – ganz nach dem Motto:
„Stop starting, start finishing!“

  1. Verbessere den Prozess kontinuierlich

Je nach Ressourcen ist es sinnvoll, den WIP (Work in progress) im System zu begrenzen – also die Aufgaben, die aktuell bearbeitet werden, gering zu halten.
Es läuft gut? Dann kannst du das Limit beibehalten oder erhöhen.
Es läuft nicht so gut? Senke das Limit! Nur so können Aufgaben auch abgeschlossen und die fertigen Donuts an den Kunden geliefert werden.


Tanja Mirlieb
Medien- und Kommunikationsgestalterin


Gemeinsam mit Kristian Borkert von JURIBO Legal & Consulting hat Yvonne Ietia die Plattform und verschiedene Trainings-Welten in Minecraft aufgebaut.

Yvonne Ietia
Consultant & Trainerin HeupelConsultants

Sie haben Interesse an einem virtuellen Training in Minecraft oder an der Nutzung der Plattform inklusive weiteren Agile Games? Nehmen Sie gerne Kontakt auf: y.ietia@heupel-consultants.com
Tel.: 0173 7064 164


Agil gegen Corona – Wie Unternehmen Krisen besser meistern

Im Moment trifft die Corona-Krise die Welt besonders hart. Doch Krisenzeiten wird es auch immer wieder geben. Martin Merdes, Experte für das Thema Agilität, gibt im folgenden Interview Tipps, wie Unternehmen mit agilem Denken und Handeln Krisen besser meistern.

Zum Schluss laden wir Sie zu einer kleinen Übung ein, um das Gelesene gleich selbst auszuprobieren.


Herr Merdes, Sie sind davon überzeugt, dass Agilität ein Überlebensfaktor in Krisenzeiten wie der jetzigen Corona-Pandemie ist. Warum?

Agilität bedeutet, schnell und flexibel auf sich verändernde Bedingungen reagieren zu können. Unternehmen, die sich agil aufgestellt haben, sind in Krisenzeiten wie der jetzigen im Vorteil.

Sie besitzen Tools, interne Strukturen und Mindsets, also Denkmuster, mit denen sie sich schnell an neue Herausforderungen anpassen können.

Aber wenn ein Unternehmen darum kämpft, den Kopf über Wasser zu halten – kann es sich noch darum kümmern, ob es agil aufgestellt ist oder nicht?

Das Schöne ist, dass Agilität keine komplexen Umstellungsprozesse voraussetzt, für die man viel Zeit und Muße benötigt. Jedes Unternehmen ist bereits – wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß – agil, und darauf kann man aufbauen.

Die Frage ist: Welche kleinen Schritte können wir gehen, um den aktuellen Veränderungen standzuhalten? Auch in unseren Beratungen machen wir das so: Wir schauen, wo es Potenziale gibt, die ein Unternehmen nutzen kann.

Was machen agile Unternehmen denn anders, um mit Krisen besser umgehen können?

Agil zu sein bedeutet, sich mental und organisatorisch anpassen zu können. Agile Unternehmen fragen sich zum Beispiel: Was hat Priorität? Wo tun sich neue Möglichkeiten auf? Wie können wir unsere Ressourcen am besten für den Kunden und seine Situation einsetzen?

Sie planen und handeln lösungsorientiert und sind geübt, nach neuen Wegen zu suchen. Auch denken sie eher in Rollen, wie z.B. Agile Coach, OKR-Coach oder Agile Leader, nicht in Hierarchien. Das alles macht sie sehr viel effektiver und schneller als andere.

Haben Sie dafür ein, zwei Beispiele?

Ein Kunde von Neuland Development & Training aus dem Bereich der Medizintechnik etwa hat seine Projektarbeit schnell und grundlegend umstellen können. Sie konnten innerhalb kürzester Zeit ihre Projektlaufzeiten halbieren und ihre Ergebnisse verbessern.

Bei anderen Unternehmen hat die Umstellung auf Home Office viel besser geklappt, als sie das selbst vermutet hatten. Und schon vor Corona konnte einer unserer Kunden aus der Tourismusbranche der zunehmenden Bedrohung des Kerngeschäftes durch Internetplattformen mit neuen Dienstleistungen und deren konsequenter agiler Umsetzung begegnen.

Umgekehrt gefragt: Was machen weniger agile Unternehmen falsch? Was sollte man vermeiden?

Klassisch aufgestellte Unternehmen versuchen oft, die ultimative Lösung zu finden, sie wollen unbedingt alles richtig machen. Das bremst aus.

Agile Unternehmen dagegen probieren viel mehr und verwerfen wieder, trauen sich, aus Fehlern zu lernen.

Klassische Unternehmen schauen auch oft zu sehr nach innen, nicht nach außen auf den Markt, die Kunden und die Möglichkeiten. Viele wollen das Alte beibehalten, können schlecht loslassen. Andere trauen sich – vielleicht auch unbewusst – das Neue nicht zu.

Oft blockieren Führungsverantwortliche oder auch Mitarbeiter. Im schlimmsten Fall geben Unternehmen die Verantwortung und ihre eigene Handlungsfähigkeit ab und erwarten Hilfe von außen, zum Beispiel von der Politik.

Was könnte ein Unternehmen tun, das durch Corona in Schwierigkeiten geraten ist? Was würden Sie raten?

Ich würde empfehlen, nach aktuellen Engpässen zu schauen und zu überlegen, welche konkrete Strategie bei einem solchen Engpass sinnvoll sein könnte. Den entsprechenden Versuch sollte das Unternehmen vier Wochen durchhalten und dann seine Schlüsse daraus ziehen. Genauso könnte es sich auch fragen: Was war gut? Wovon sollten wir mehr machen?

Es ist überdies immer hilfreich, die Betroffenen zu beteiligen und einzubinden, interne Stakeholder wie Eigentümer, Manager und Mitarbeiter, aber gegebenenfalls auch externe wie Kunden, Lieferanten oder gesellschaftliche Gruppen.


Praxistransfer

Hier die versprochene Übung, mit der Sie die Krise besser meistern können:

  1. Fragen Sie sich regelmäßig: Wo liegt ein Engpass?
    Oder aber: Was läuft gut?
  2. Definieren Sie einen Versuch: Was können wir ausprobieren?
  3. Wenden Sie diese Veränderung vier Wochen lang an.
  4. Prüfen Sie das Ergebnis und ziehen Sie daraus Ihre Schlüsse.

So bekommt man schnelle Ergebnisse, die einen weiterbringen können.


Viele Unternehmen nutzen die Corona-Zeit auch, um interne Prozesse zu optimieren, sich besser aufzustellen. Wie und wobei könnte Agilität hier helfen?

Da setzt sich im Prinzip fort, was wir gerade angesprochen haben. Hilfreich ist es zudem immer, auf Schnittmengen zwischen Kundenbedürfnissen und eigenen Stärken zu achten. Man muss weder das Rad neu erfinden, noch sollte man das Alte mit Gewalt am Leben erhalten.

Fazit

Wenn man das Eigene kontinuierlich anpasst, dann handelt man agil.
Krisen und Veränderungen wird es immer wieder geben. Wir sollten ihnen folgen, statt uns gegen sie zu sperren.

Gerne begleiten wir von Neuland Development & Training Unternehmen auf diesem Weg. Und wenn wir uns schnell überflüssig machen können, weil wir nicht mehr gebraucht werden, dann haben wir unser Ziel erreicht.

Gestalten Sie mit uns den Rahmen für selbstgesteuertes Arbeiten im Seminar Agile Leadership oder lernen Sie, wie Sie die erfolgreiche virtuelle Zusammenarbeit meistern mit Führen auf Distanz braucht Leadership 4.0.

Martin Merdes
Berater, Moderator, Coach, Trainer
Geschäftsführender Gesellschafter


Welche Erfahrungen in der Corona-Krise haben Sie positiv überrascht?

Mich hat fasziniert, wie viel Kreativität die Krise freigesetzt hat und wie viele Hürden, die vorher grundsolide im Weg standen, ganz nebenbei genommen wurden, weil es nicht anders ging.

Home Office wurde von einem auf den anderen Tag in vielen Unternehmen möglich, und bei Twitter dürfen die Mitarbeiter*innen auch dauerhaft von zu Hause aus arbeiten, wenn sie das möchten.

Klar – Home Office ist nicht überall möglich und für jede Situation angebracht. Mir geht es bei dem Beispiel um Beweglichkeit (neudeutsch: Business Agility) und Gestaltungsfähigkeit, die sich da gezeigt hat, weil es eben sein musste.

Und die lässt mich hoffen und darauf gespannt sein, wie wir uns weiterentwickeln in der Arbeitswelt.

Gleichzeitig zeigt sich gerade im Großen, was auch viele Unternehmen im kleineren Rahmen erleben, nämlich, wie unterschiedlich Menschen mit Unsicherheit und Mehrdeutigkeit umgehen. Viele überfordert die Tatsache, dass Maßnahmen kurzfristig getroffen oder auch wieder revidiert werden.

Viele wünschen sich mehr Orientierung und klare Ansagen

So verständlich das ist, so wenig zielführend wäre ein starrer Plan in einer Situation, die auch für Experten weitgehend unüberschaubar bleibt, in der wir Schritt für Schritt lernen müssen, wie sich die Lage verändert.

Die Fähigkeit, Mehrdeutigkeit auszuhalten und mit Unsicherheit gut umzugehen, wurde schon vor Corona als wichtige Kompetenz für die neue Arbeitswelt beschrieben.

Und in den letzten Monaten wird sehr deutlich, was das konkret bedeuten kann.

In vielen Unternehmen erleben Mitarbeitende Ähnliches: Schritt für Schritt wird die Vorgehensweise angepasst statt von Anfang an schon einen vollständigen Plan abzuarbeiten. 

Manchmal ist das Planungsschwäche: da, wo Planung möglich wäre, weil das Terrain, in dem man sich bewegt, bekannt ist.

In vielen Fällen ist es aber die einzig vernünftige Vorgehensweise. Dann nämlich, wenn das Gelände unübersichtlich oder unbekannt ist oder wenn die Zusammenhänge komplex sind.

Gehen Sie davon aus, dass jede Situation planbar ist und wir uns nur richtig anstrengen müssen, um die Dinge unter Kontrolle zu bringen? Oder gehen Sie davon aus, dass sich Dinge Schritt für Schritt entwickeln und die Entwicklung nicht langfristig vorhersagbar ist?

Wir alle haben Denkgewohnheiten und betrachten die Welt durch unterschiedliche Brillen, die wir uns unter anderem auch durch unseren (Arbeits-)alltag angewöhnen.

Wenn wir in unserem Alltag überwiegend mit komplexen Situationen konfrontiert sind, betrachten wir die Welt gewohnheitsmäßig als komplex.

Wenn wir in unserem Alltag eher mit planbaren Situationen zu tun haben, gehen wir eher davon aus, dass man nur genau genug hinsehen/analysieren muss, um die Dinge planen zu können.

Je nach Sachlage hat mal der eine, mal die andere Recht.

Planung gibt uns Sicherheit und Orientierung. Was aber, wenn – wie oben geschildert – Planung außer einer Pseudo-Sicherheit keinen Nutzen hat, weil sie wegen der Unvorhersagbarkeit der Situation keinen Bestand haben kann? 

Auch wenn man einsieht, dass langfristige Pläne aktuell nicht sinnvoll möglich sind, haben wir Menschen doch ein Bedürfnis nach Orientierung.

Das cynefin Framework von Dave Snowden lässt sich da als eine „Landkarte“ nutzen, um zu überlegen, in welchem Umfeld man sich gerade bewegt und welche Vorgehensweise deshalb angebracht ist.

In unserem Interview mit der Fachzeitschrift „Projektmanagement aktuell“ gehen wir auf die Bedeutung des Mindsets für die Nachhaltigkeit bei der Einführung von z.B. agilen Methoden ein.

Die Methode allein kann, ohne die entsprechende Haltung, nicht lange Bestand haben, auch nicht in Zeiten, die weniger „zwingend“ sind als wir das gerade erleben.

In einem nächsten Artikel werden wir das Dynamische Mindset nach Carol Dweck vorstellen, das helfen kann, mit Unsicherheit gelassener und lernfreudiger umzugehen.


Sabine Hennig

Trainerin, Beraterin, Coach, Moderatorin