Agilität: Was agile Rollen für Unternehmen tun können III: der Agile Leader
Beim letzten Mal haben wir Ihnen die Rolle des Agile Coach vorgestellt. Dieser unterstützt Teams, Führungskräfte und Organisationen darin, eine agile Arbeitskultur zu entwickeln. Heute kommen wir zur Rolle des Agile Leader. Eine Hauptaufgabe des Agile Leader ist es, ein Umfeld zur Verfügung zu stellen, in dem Teams agil und eigenverantwortlich handeln können. Michèle Neuland, Expertin für agile Transformationsprozesse, berichtet wieder.
Michèle Neuland
Organisationsentwicklung und Beratung
Assoziierte Beraterin, Trainerin, Moderatorin, Coach
- erfahrene systemische Organisationsentwickler- und Trainerin seit über 30 Jahren
- über 30 Jahre Führungserfahrung als Geschäftsführerin und CEO
- 20 Jahre Erfahrung in agilen Arbeitsweisen und der Begleitung agiler Teams
- Dozentin für „Neue Organisationsmodelle und New Work“, „Moderation und Facilitation“ sowie „eHR“
- Einführung und Begleitung zahlreicher Unternehmen bei agilen Frameworks
Frau Neuland, was bedeutet Agile Leadership, also agile Führung?
Agile Leadership bedeutet, die gemeinsame Unternehmenswelt in Richtung größerer Agilität zu verändern und dabei von agilen Denk- und Arbeitsweisen Gebrauch zu machen. Ein Agile Leader kann disziplinarische Verantwortung haben, muss sie aber nicht besitzen. Jeder kann eine agile Führung übernehmen. Diese wird in Form unterschiedlicher Rollen übertragen.
Um effektiv agil zu führen, muss
- ein Agile Leader sowohl systemgestaltende Fragen klären (Framework, Struktur, Artefakte, Produkte und Dienstleistungen)
- als auch Interaktionsmuster und Beziehungen zwischen Individuen, Teams und Kunden stärken (Vertrauen, Verantwortung, Kultur).
Zudem ist eine klare Vision oder ein klarer Nordstern notwendig, um Richtung, Orientierung und Motivation zu erhalten.
Dazu haben wir auch eine Abbildung.
Wofür ist ein agiles Framework gut? Was ist damit gemeint?
Ein Framework agiler Führung dient als Orientierung. Es hilft Führungskräften, eine Struktur und eine Kultur zu schaffen, in der Teams die Verantwortung für die Auswirkungen auf den Kunden übernehmen.
Organisationen, die ein solches Framework verwenden,
- haben eine gesunde Kultur, in der sie experimentieren können und schnell lernen,
- arbeiten intelligenter, indem sie zum Beispiel mit digitalen Lösungen die Kundenwirkung steigern,
- bauen eine starke emotionale Bindung zu ihren Kunden auf,
- schaffen eine Umgebung, in der Mitarbeiter und Kunden zusammenarbeiten,
- und sind in der Lage, schnell auf Marktveränderungen zu reagieren und ihre eigenen Disruptionen zu erzeugen, also bestehende Muster, Gewohnheiten und Verhältnisse zu unterbrechen.
Was muss ein Agile Leader dafür können?
Die Essenz agiler Führung besteht für Peter Koning, Experte für agile Führung, darin, das richtige Umfeld für sich selbst verwaltende Teams zu schaffen. Dazu gehören mindestens die vier folgenden Komponenten und die dazu passenden Rollen, die ein Agile Leader einnehmen können muss:
- Mit-Erschaffen und Innovieren (Co-Creator): Eine agile Führungskraft schreibt nicht vor, was die Teams tun müssen, sondern stellt sicher, dass die Ziele gemeinsam entwickelt werden. Wenn auch die Teams ihre Freude an Innovation und Gestaltung haben, bringt das Fortschritt und Entwicklung.
- Erleichtern und ermöglichen (Facilitate Ownership, Facilitator): Teams können nicht gezwungen werden, die sogenannte Ownership zu übernehmen. Führungskräfte können nur die Umstände schaffen, unter denen sie dieses tun. Eigenverantwortung ist ein mentaler Zustand von Teams, in dem sie proaktiv, stolz, initiativ und engagiert sind. Dann warten sie nicht auf Anfragen, sondern ergreifen die Initiative, um qualitativ hochwertige Produkte und Dienstleistungen zu liefern. Eine agile Führungskraft schafft ein dafür günstiges Umfeld und begleitet sie dabei.
- Schneller lernen (Experimentator): Sich selbst verwaltende Teams müssen schnelles Feedback zu ihren Aktionen und Entscheidungen erhalten. Eine agile Führungskraft verbessert die Umwelt, damit die Teams kleine Experimente durchführen und Feedback, vorzugsweise von Teammitgliedern und Kunden, erhalten können, immer mit dem Ziel, schneller zu lernen.
- Die Kultur designen (Culture leader): Eine Hauptverantwortung des Agile Leaders ist es, eine passende Kultur zu entwickeln, da Agilität mehr mit Verhalten und Werten zu tun hat als mit Methoden und Strukturen. Er/sie muss sich die Kultur vorstellen können, gestalten und verbessern. Die Kultur zu „führen“ ist inspirierend, aber auch harte Arbeit.
Muss man weitere Voraussetzungen mitbringen?
Die wichtigsten Voraussetzungen sind die Bereitschaft zu Selbstreflektion und die Neugierde, Neues auszuprobieren und zu lernen. Der Rest ist ein Entwicklungsprozess, bei dem man Unterstützung erhält – durch das Team, Kollegen, Kunden und einen guten Agile Coach.
Gibt es die Möglichkeit herauszufinden, ob man sich selbst beziehungsweise ob sich ein Mitarbeiter zum Agile Leader eignet?
Diese Frage ist schwer zu beantworten, da es darauf ankommt, wie man agile Führung jeweils definiert. Es gibt eine große Bandbreite an agiler Führung. Es ist auf jeden Fall hilfreich, wenn man ein entsprechendes agiles Mindset mitbringt.
Wenn man sich als agile Führungskraft weiterentwickeln will, kann man darüber hinaus Folgendes tun:
- Sehen Sie sich das folgende Radarbild der Arbeitsgemeinschaft von Agilisten aus 30 Großorganisationen der DACH-Region an.
- Fangen Sie mit dem inneren Ring an und reflektieren Sie, ob Sie das jeweilige Zielverhalten kennen, erlernt haben, ausprobiert haben oder geübt haben. Arbeiten Sie sich auf diese Weise durch alle anschließenden Ringe.
- Nehmen Sie sich zuletzt maximal 4 – 5 Bereiche heraus und erarbeiten Sie einzelne Maßnahmen der Verbesserung.
Ich wünsche Ihnen viel Spaß bei der Übung!
Im nächsten Blog-Beitrag unserer kleinen Reihe über agile Rollen erfahren Sie mehr über die Rolle des OKR-Coachs.