Agilität: Was agile Rollen für Unternehmen tun können II: der Agile Coach
Im letzten Blog-Artikel haben wir Ihnen von agilen Rollen erzählt, die einem Unternehmen helfen, sich zu einer anpassungsfähigen Organisation zu wandeln, die Herausforderungen und Krisen wie die jetzige Corona-Zeit besser besteht. Heute stellt Michele Neuland, Expertin für agile Transformationsprozesse, eine dieser Rollen, den Agile Coach, näher vor.
Michèle Neuland
Organisationsentwicklung und Beratung
Assoziierte Beraterin, Trainerin, Moderatorin, Coach
- erfahrene systemische Organisationsentwickler- und Trainerin seit über 30 Jahren
- über 30 Jahre Führungserfahrung als Geschäftsführerin und CEO
- 20 Jahre Erfahrung in agilen Arbeitsweisen und der Begleitung agiler Teams
- Dozentin für „Neue Organisationsmodelle und New Work“, „Moderation und Facilitation“ sowie „eHR“
- Einführung und Begleitung zahlreicher Unternehmen bei agilen Frameworks
Frau Neuland, was ist ein Agile Coach und was kann er für ein Unternehmen tun?
Der Agile Coach unterstützt Teams, Führungskräfte und Organisationen darin, eine agile Arbeitskultur zu entwickeln. Er stößt agile Veränderungsprozesse an und begleitet sie. Ein Agile Coach hilft einer Organisation, anpassungsfähig, innovativ und selbstlernend zu werden. Durch die Zusammenarbeit mit einem Agile Coach ändert sich die Kultur einer Organisation. Die Werte, Glaubenssätze, Fähigkeiten und das Wissen der einzelnen Personen und der Organisation als Ganzes wandeln sich Stück für Stück hin zu mehr Agilität.
Wie kann man sich das vorstellen? Was macht ein Agile Coach?
Ein Agile Coach kann zum Beispiel als erfahrener Experte seinen Coachees von seinen Erfahrungen berichten und ihnen zeigen, was zu tun ist. Er kann als Trainer Wissen vermitteln oder als Moderator begleitend zur Seite stehen. Natürlich kann er seine Coachees auch als Coach in ihrer Entwicklung fördern und unterstützen. Als Business Craftsman erarbeitet er zusammen mit den Coachees Geschäftsstrategien und Visionen. Als Organisationsentwickler hat er schließlich die gesamte Organisation und deren Entwicklung im Blick. Diese Virtuosität macht einen erfahrenen Agile Coach zu einem Organisationsentwickler auf Top-Niveau.
Haben Sie dafür ein, zwei Beispiele?
Die Arbeit eines Agile Coachs kann sehr vielfältig sein und orientiert sich an dem japanischen Aikido-Lernmodell SHU-HA-RI.
Ein Agile Coach kann beispielsweise ein Team bei seinen allerersten Schritten in Richtung Agilität unterstützen, immer mit dem Ziel, es zu einem agilen, hochperformanten Team zu entwickeln. In dieser Entwicklungsstufe würde er unter anderem als Trainer arbeiten, um die agilen Prinzipien und Frameworks zu vermitteln. Er würde die Team-Mitglieder als Experte an seinen Erfahrungen teilhaben lassen und als Moderator die ersten Schritte hin zu mehr Selbstorganisation fördern. Dies würde der 1. Stufe des Lernmodells, der Stufe SHU, entsprechen und hat zum Ziel „doing agile“.
Aber selbst erfahrene agile Organisationen können von der Förderung durch einen agilen Coach profitieren. So kann sich zum Beispiel ein agiles Start-Up-Unternehmen fragen, wie es am besten wachsen kann und welche Form von Führung es entwickeln will. Eine agile Kultur braucht immer wieder eine Anpassung und Weiterentwicklung von agilen Verhaltensweisen, Frameworks und Produkten beziehungsweise Dienstleistungen. Dies wird durch die 3. Stufe, die Stufe RI, beschrieben, das „being agile“. In diesem Fall würde der agile Coach primär als Organisationentwickler und Business Craftsman arbeiten.
Was muss ein Agile Coach dafür können?
Er muss erkennen können, in welchem Entwicklungsstadium ein agiles Team oder eine agile Organisation ist und was dieses beziehungsweise diese jeweils braucht. Und er muss eine dazu passende Rolle und Haltung einnehmen können.
Einmal wird er eine Entwicklung vielleicht nur beobachten, an anderes Mal Ergebnisse aktiv vorgeben. Einmal wird er, wie beschrieben, vielleicht beratend zur Seite stehen und ein anderes Mal bewusst fördern.
Die folgende Abbildung fasst Rollen und Haltungen eines Agile Coachs gut zusammen.
Muss man weitere Voraussetzungen mitbringen?
Idealerweise hat man bereits erste eigene Erfahrungen mit agilem Arbeiten gemacht – ob als Mitglied eines agilen Teams oder in einer anderen Rolle, zum Beispiel bei SCRUM.
Ähnlich wie bei anderen Coaching-Ausbildungen braucht es ein gutes Maß an Selbstreflektion. Man sollte sich selbst einige Fragen stellen wie zum Beispiel:
- Aus welchen Gründen möchte ich Agile Coach werden?
- Woran werde ich erkennen, dass dies eine gute Entscheidung war?
- Welche Denkmodelle habe ich und welchen Werten folge ich, wenn ich mich entscheide, ein Agile Coach zu werden?
Je klarer man sich über die eigene Motivation und die dahinterliegenden Beweggründe ist, desto authentischer ist man in der eigenen Haltung.
Wie wird man ein Agile Coach? Sie bieten Ausbildungen an. Gibt es weitere Möglichkeiten wie etwa ein Coaching oder ein Learning on the Job?
Viele Wege führen nach Rom. Einige haben bereits Ausbildungen zum SCRUM-Master gemacht und als solcher gearbeitet. Wenn das der Fall ist, erweitert man noch das Spektrum und ergänzt es um Aspekte aus der Organisationsentwicklung. Andere haben bereits vielfältige Erfahrungen als Trainer und systemischer Coach und wollen sich in Richtung Agilität fortbilden. Wieder andere haben intensive Erfahrungen im agilen Arbeiten, aber noch keine Erfahrung in der Entwicklungsarbeit mit Menschen und Teams. Immer muss man individuell schauen, welchen Fortbildungsansatz man wählt. Agile Ausbildungen haben genau dies als Grundidee. Sie kombinieren verschiedene Lernwege – von kollaborativem Lernen über Coaching bis hin zu Learning on the Job.
Können Sie dafür noch ein hilfreiches Tool an die Hand geben?
Die DACH30, das ist ein Zusammenschluss von agilen Verantwortlichen aus 30 Großunternehmen der DACH-Region, hat ein Analysetool zur persönlichen Entwicklung als agiler Coach konzipiert. Mit diesem Radarbild können Sie selbst überprüfen, wo Sie noch Entwicklungsfelder haben, und so die nächsten Schritte definieren. Ganz nach dem Motto: Eigenverantwortung für die eigene Entwicklung übernehmen!
Im nächsten Blog-Beitrag unserer kleinen Reihe über agile Rollen erfahren Sie mehr über die Rolle des OKR-Coachs.
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